Fasnetskunst Schramberg
Die Kunst Teil 2
Von der Kohle zum Motiv
Alle Fotos: Andreas Helm
Lange bevor mit dem ersten Pinselstrich begonnen werden kann, beginnt die Arbeit eines Häsmalers. Wieviel Arbeit ein Häsmaler hat, möchte ich Ihnen folgend gerne zeigen. Es gilt zu beachten, dass keine Techniken gezeigt werden, welche im verborgenen liegen.
Der Stoff
Mit der Stoffauswahl beginnt der Prozess des Häsmalens. Der Stoff wird vom örtlichen Bekleidungshaus zur Verfügung gestellt bzw. wird das Narrenkleid fertig genäht dem Kunden überreicht. Der Häsmaler arbeitet hierbei eng mit dem Bekleidungshaus zusammen, um Qualitätseinbußen und Farbabweichungen des Stoffes zu verhindern.
Hervorzuheben ist an dieser Stelle das Bekleidungshaus Hafner in Schramberg. Die Mitarbeiter des Bekleidungshaus Hafner haben jahrelange Erfahrung in diesem Segment und wissen, dass kleinste Fehler im Stoff dem Häsmaler zum Verhängnis werden können.
Der Häsmaler achtet in Zusammenarbeit mit dem Bekleidungshaus auf folgende Punkte:
- Farbe des Stoffes (wollweiß).
- Gewicht (genügend dick).
- Gleichmäßige Struktur (Stoff darf nicht fusseln).
- Terminabsprachen bis wann das Narrenkleid genäht sein sollte.
Die Kohle
Um das Motiv auf den Stoff zu bekommen, benötigt der Häsmaler Kohle. Die Kohle muss in verstaubter Form vorliegen, weshalb sie traditionell gemahlen wird. Um die Kohle zu mahlen, verwendet der Künstler eine manuelle Kaffeemühle.
Der Mahlvorgang dauert bis zu 1 1/2 Std. Da die Kohle eine vergleichsweise harte Zusammensetzung hat, muss diese unter Umständen mehrmals gemahlen werden.
Ein elektrischer Mahlvorgang kann nicht dieses Ergebnis liefern. Das Mahlen der Kohle findet je nach Auftragslage 1-2 mal im Jahr statt.
Die „berühmte“ Schablone
Die Schablone wird verwendet um ein konstantes Format und Bildergebnis zu erreichen.Der Häsmaler benötigt zum Erstellen der Schablonen großes Fingerspitzengefühl. Das Motiv wird in groben Abschnitten auf feines Pergamentpapier gezeichnet. Hierbei müssen jedoch trotzdem Details berücksichtigt werden.
Anschließend sticht der Künstler mithilfe einer Nadel die vorgezeichneten Linien durch. Der Vorgang geschieht je nach Motiv in ca. 1 mm Abständen. Für eine Schablone benötigt der Künstler etwa eine Woche, bei täglicher Arbeit. Ein Narro hat rund 15 Schablonen. Die Gesamtanzahl der Schablonen in drei Größen wären also 45 Schablonen nur für den Narro.
Hinweis: Die Schablonen sind ein Hilfsmittel, nicht mehr und nicht weniger. Immer wieder hört man, dass sich Außenstehende selbst Schablonen anfertigen und mit dem Häsmalen beginnen wollen. In Prozent ausgedrückt hat die Schablone einen Anteil von 15/100 % pro Motiv. Weiter muss für den Schablonie-Vorgang ein bestehendes Motiv abgepaust werden. Dieser Arbeitsgang ist moralisch fragwürdig, sofern der eigentliche Künstler nicht eingewilligt hat. Der Künstler versieht das Motiv mit einem Fassmalzeichen. Hierüber kann die Narrenzunft und der Künstler selbst das Narrenkleid und die passende Schablone identifizieren.
Fazit: Das Hilfsmittel wird von Personen außerhalb der Häsmalerei leider oft überbewertet und als „Malen nach Zahlen“ empfunden, was natürlich nicht der Fall ist.
Malen
Mit dem Malen kann begonnen werden, sobald das Motiv mithilfe der Schablone auf den Stoff übertragen wurde. Es benötigt enormes Grundwissen, die einzelnen Farbstufen zu mischen. Hierfür müssen zuvor einige Farbteste absolviert werden, um ein traditionelles Farbergebnis zu erhalten. Entnehmen Sie bitte gemäß der Nummer den jeweiligen Arbeitsgang, der hier stark vereinfacht dargestellt wird.
Als Beispiel die Hoorig Katz des Schramberger Narro Bolero:
1. Die Kohle wurde mit Hilfe der Schablone auf den Stoff übertragen.
2. Mit dem Pinsel werden verschiedene Abhebungen vorgemalt.
3. Mit dem Pinsel werden scharfe Kanten eingewischt.
4. Die Katze ist nahezu fertig und kann mit Hitze fixiert werden.
Wie Sie selbst in dieser stark vereinfachten Bilddokumentation gesehen haben, braucht es einiges an Übung und Erfahrung bis ein Motiv fertig ist.
Bei Figuren und deren Gesichter müssen zudem andere Maltechniken angewendet werden. Bei der sogenannten „Nass-in-Nass Technik“ werden zum Beispiel verschiedene Farben gemischt, um einen weichen Verlauf der Farbtöne zu erzeugen. Der ganze Vorgang geschieht mit einem Pinsel direkt auf dem Stoff und muss „blitzschnell“ durchgeführt werden, da die Farben sonst trocknen.
Neben der Nass-in-Nass Technik gibt es weitere unzählige Techniken, die angewendet werden müssen.
Die Verantwortung der Künstler
Zum Schluss möchte ich noch gerne auf die Verantwortung eingehen. Sie haben in dieser kleinen Dokumentation erfahren wie der Künstler arbeitet oder welches Wissen notwendig ist, um als Häsmaler tätig zu sein.
Vielleicht haben Sie auch gemerkt, welche Verantwortung der Häsmaler trägt. Es ist nicht nur die Verantwortung gegenüber der Narrenzunft und deren Brauchtum, sondern auch dem Kunden gegenüber.
Stellen Sie sich einmal vor, der Bildhauer verschnitzt sich und die Larve ist nicht mehr zu verwenden. Der Bildhauer hätte einige Stunden Arbeit verloren und würde neu anfangen. Der Kunde würde dies in der Regel nicht mitbekommen.
Wenn der Häsmaler unachtsam ist, hat dies weitreichende Folgen für das Narrenkleid. Hier wäre nicht nur eine Arbeitszeit von bis zu einem Jahr in Gefahr, sondern auch die Näharbeit der Schneiderwerkstatt.
Man müsste dem Kunden erklären, dass für ihn die kommende Fasnet gelaufen sei und der finanzielle Schaden wäre mehr als schmerzhaft.
Die bereits oben erwähnte Verantwortung gegenüber dem Brauchtum und der Narrenzunft ist als Gebot unberührbar. Nicht jede Handlung eines Künstlers ist für das Brauchtum sinnvoll. So mögen im Jahr 2019 z.B. „realitätsnahe Figuren u.ä.“ für den Betrachter schöner sein, jedoch entspricht es nicht dem Brauchtum.